John Cages Europeras 3 & 4: Auftakt für den Musiktheater-Master

Foto von der Europeras-Inszenierung: Ein Darsteller singt und hat energisch die rechte Faust nach vorne angehoben. Um ihn herum sitzen Menschen an Tischen. Im Hintergrund wird eine Zahl an eine Leinwand projiziert: 0:11:42.
Eindrücke aus der Hauptprobe am Stadttheater Gießen(Foto: Rolf K. Wegst)

Es ist die erste Produktion im Rahmen des neuen Musiktheaterstudiengangs: Am 8. November 2024 bringt die Gesangsabteilung der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt (HfMDK) John Cages visionäres Werk Europeras 3 & 4 zur Premiere im Kleinen Haus des Stadttheaters Gießen.

Es folgt eine Reihe von Aufführungen, darunter auch Vorstellungen am 13. und 14. November im Kleinen Saal der HfMDK. Dieses avantgardistische Musiktheater, eine Produktion der Gesangsabteilung der HfMDK unter der Leitung von Prof. Günther Albers und Prof. Jan-Richard Kehl, wird von der Hessischen Theaterakademie gefördert.

 

Premiere:

Weitere Aufführungen:

Fotos von Europeras: Eine Sängerin in einem langen Seidenkleid mit traurigem Gesichtsausdruck. Hinter ihr wird die Zahl "0:27:29" groß an die Leinwand projiziert.
Eindrücke aus der Hauptprobe am Stadttheater Gießen(Foto: Rolf K. Wegst)

Was sind die Europeras?

Der Titel „Europeras“ kann als Zusammensetzung aus „Europe“ und „Opera“ oder als Variation von „Your Operas“ gelesen werden. Diese Mehrdeutigkeit spiegelt die Offenheit und Vielschichtigkeit des Werkes wider – eine Hommage an die europäische Oper und zugleich ein Aufruf an das Publikum, eigene Assoziationen zu entwickeln.

Cages Europeras 3 & 4 sind Teil einer fünfteiligen Werkserie, die von der Oper Frankfurt in Auftrag gegeben wurde. Die ersten beiden Teile wurden 1987 uraufgeführt und Europera 5 folgte schließlich 1991. Allen Teilen gemeinsam ist ein einzigartiges Konzept: Jedes Element der Aufführung, von Musik über Bühnenpositionen bis hin zur Beleuchtung, wird zufällig und unabhängig voneinander bestimmt. Auf diese Weise hebt Cage die konventionelle Struktur der Oper auf und erschafft ein Erlebnis, das zwischen Ordnungsverweigerung und Assoziationsfreiheit balanciert.

Foto der Europeras-Inszenierung. Eine Sängerin liegt auf dem Boden und scheint zu lachen. Eine weitere steht weiter hinten und singt.
(Foto: Rolf K. Wegst)
Foto der Europeras-Inszenierung. Eine Sängerin liegt auf dem Boden und scheint zu lachen. Eine weitere steht weiter hinten und singt.

Ein Opernerlebnis der besonderen Art

Europera 3 dauert 70 Minuten und umfasst sechs Sängerinnen, zwei Pianistinnen und 12 Plattenspieler, während Europera 4 in einer halbstündigen Version mit nur zwei Sängerinnen, einer Pianistin und einem Grammophon inszeniert wird. Zu zufälligen Zeiten singen die Künstlerinnen Auszüge aus ihrem Arien-Repertoire, begleitet von Pianistinnen, die Transkriptionen bekannter Opernphantasien von Franz Liszt spielen. Gleichzeitig erklingen Opernaufnahmen von Plattenspielern. Bühnenpositionen, Licht und szenische Aktionen sind ebenfalls dem Zufall überlassen.

Die Inszenierung versteht sich als Einladung, das Publikum auf eine Reise der eigenen Assoziationen zu schicken und die Erwartungen an die klassische Oper herauszufordern. Ganz im Sinne von Stephen Hawkings berühmtem Zitat über das Würfeln des Universums bietet diese Inszenierung keine ordnende Hand, sondern überlässt alles dem Zufall.

Europeras 3 & 4 ist ein aufregendes Beispiel für die künstlerische Freiheit und Experimentierfreude, die das Musiktheater des 20. Jahrhunderts prägen. Die HfMDK lädt Sie herzlich ein, diese einzigartige Produktion zu erleben und sich von John Cages radikalem Zugang zur Oper inspirieren zu lassen.

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