Forschungsstelle Jacques Offenbach
Die Werke des deutsch-französischen Komponisten Jacques Offenbach (1819-1880) gehören heute zu den meistgespielten Stücken an Opernhäusern weltweit: Orphée aux Enfers, La Vie parisienne oder Les Contes d’Hoffmann garantieren volle Ränge und volle Kassen. Trotzdem steckt die Forschung zu Leben und Werk des „Erfinders der Operette“ noch immer „in den Kinderschuhen“. Jacques Offenbach wurde von der Musikwissenschaft bisher kaum beachtet.
1819 in Köln als Sohn eines jüdischen Kantors zur Welt gekommen, ging Offenbach 1833 zum Studium an das Pariser Konservatorium. Ab etwa 1834 sammelte er erste Erfahrungen als Violoncellist in verschiedenen Theaterorchestern, später wurde er bekannt als Violoncellovirtuose in den Salons der Julimonarchie. 1850 wurde er Kapellmeister an der Comédie-Française, fünf Jahre später gründete er das Théâtre des Bouffes-Parisiens, die „Wiege“ der Operette. Dort entwickelte er die „klassische“ französische Opéra-comique weiter und setzte mit Werken wie Ba-Ta-Clan und Orphée aux Enfers neue Maßstäbe. 1862 legte er die Direktion der Bouffes-Parisiens nieder und komponierte fortan für verschiedene Pariser Theater, u.a. für das Théâtre des Variétés Erfolgsstücke wie Barbe-Bleue, La Grande-Duchesse de Gérolstein oder Les Brigands oder für das Théâtre du Palais-Royal La Vie parisienne oder Le Château à Toto. Nach 1870 hatte Offenbach noch einige größere Erfolge, so z.B. am Théâtre de la Gaîté mit Le Roi Carotte. Gegen Ende seines Lebens litt der Komponist an der Gicht. Sein letztes großes Werk, Les Contes d’Hoffmann nach verschiedenen Motiven von E.T.A Hoffmann, wurde erst nach seinem Tod 1881 an der Opéra-Comique uraufgeführt.
Die Forschungsstelle Jacques Offenbach an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main besteht seit Ende 2002. Im Zentrum ihrer Arbeit stand anfangs die Sichtung der heute noch bekannten Quellen zum Werk Jacques Offenbachs sowie die Arbeit an einer heute quasi vergessenen Opéra-bouffe, Le Château à Toto. Die Ergebnisse der Arbeiten der Forschungsstelle wurden durch verschiedene Aufführungen beim Jacques-Offenbach-Festival Bad Ems und an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst (Le Château à Toto 2003, Ba-Ta-Clan und Le Violoneux 2005) einem weiteren Publikum bekannt.
In Zusammenarbeit mit verschiedenen Institutionen in Deutschland und Frankreich (u.a. Deutsches Historisches Institut Paris, Bibliothèque nationale Paris, Historisches Archiv der Stadt Köln, Universität Versailles – Saint-Quentin-en-Yvelines, Offenbach-Edition Keck beim Musikverlag Boosey & Hawkes) sowie in enger Verbindung mit der Jacques-Offenbach-Gesellschaft Bad Ems konnte eine umfangreiche Bibliothek und eine Quellenbibliographie zum Werk Jacques Offenbachs angelegt werden. Letztere soll in Bälde online zur Verfügung gestellt werden.
Dr. Ralf-Olivier Schwarz